Foto: Privat
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Angeregt durch regelmäßige Fernost-Reisen hatte Peter Selinka ergänzend zur Kunst- auch eine bedeutende Ostasiatika-Sammlung zusammen getragen. Die Suche nach Gleichgesinnten führte den Sammler immer aus Oberschwaben hinaus in die Auktionshäuser, Museen oder Galerien dieser Welt.
Dass die Leidenschaft zu sammeln auch einsame Momente mit sich bringt, belegt folgende Stelle Selinkas im bereits zitierten Brief an Prof. Dr. Reidemeister:
„Sie sind vielleicht der einzige Mensch, der verstehen kann, welche Fragen und Zweifel sich auftun, wenn man vor der Frage steht, ein Bild von Heckel zu erwerben oder ein schönes Tang-Pferd in London zu ersteigern!“
„Er war ein Süchtiger in Sachen Kunst“ lautete die Überschrift des Nachrufs anlässlich des Todes von Peter Selinka in der Schwäbischen Zeitung vom 6. 7.2006.
Der Sammler Peter Selinka lebte und arbeitete mit Kunst. Der Hauptsitz seiner Werbeagentur war Ravensburg, mit Filialen in Wien, Zürich, Köln und München. „Man muss überzeugt sein“, lautete sein berufliches Credo, das ihn auch als Sammler auszeichnete.
Eliane Heine, von 1984-1991 persönliche Assistentin von Peter Selinka, wurde als „Sonderaufgabe“ mit der ersten Erfassung der Kunstsammlung beauftragt. Heines Recherchen und Karteikarten boten erstmals einen professionellen Überblick über die Sammlung Selinka. Ihren verstorbenen Chef charakterisiert sie kurz und bündig mit „Peter Selinka war sehr großzügig, aber er forderte Vertrauen“.
„Aus dem Bauch heraus. Zur Entstehung der Sammlung Selinka“
ist das Interview überschrieben, das Museumsleiterin Dr. Nicole Fritz mit Gudrun Selinka anlässlich der Eröffnung des Kunstmuseums Ravensburg führte.
NF: Frau Selinka, Sie haben gemeinsam mit Ihrem Mann seit den 1960er Jahren die Sammlung Selinka aufgebaut. Die Sammlung hat heute einen Bestand von über 230 Werken. Der Impuls zum Sammeln ging vor allem von Ihrem Mann aus. Kann man sagen, dass Peter Selinka ein typischer Sammler war? Was war seine Motivation, moderne Kunst zu sammeln?
GS: Man kann schon sagen, dass mein Mann in gewisser Weise ein Sammel-Gen hatte. Aber die Motivation, Kunst zu sammeln, liegt auch in seiner Familiengeschichte begründet. Sein Vater war Berufsoffizier und die Mutter kam aus einem sehr musischen Haus mit einem Freundeskreis aus Schriftstellern, Philosophen und Künstlern, und das hat auch meinen Mann geprägt. Seine Liebe zu allem Schönen brachte er also von der mütterlichen Seite mit.
Eigentlich wollte er Kunst studieren, aber der Vater war dagegen und wollte, dass sein Sohn einen »richtigen« Beruf erlernt. Dann kam der Krieg dazwischen. Die Familie meines Mannes wurde aus dem Sudetenland vertrieben. Der Vater fiel gegen Ende des Krieges in Russland, und mein Mann musste nach seiner Heimkehr aus dem Krieg seine Mutter suchen. Im Rheingau hat er sie schließlich gefunden. Mein Mann war in der Situation, dass er aufgrund des Krieges keinen Beruf erlernt hatte. In dieser Zeit ging es für ihn um das nackte Überleben. […]
(zitiert aus: „Aus dem Bauch heraus – Zur Entstehung der Sammlung Selinka“, S. 11; in: APPASSIONATA, Eröffnungskatalog des Kunstmuseums, 2013)
Leidenschaft, gepaart mit Intuition und Mut, ist der Nährboden, auf dem die Sammlung Selinka zu wachsen begann. Nur wenn Kunstwerke Geschichten auslösten oder biographische Erinnerungen weckten, stießen sie auf das Interesse des Sammlers Peter Selinka. Für ein Kunstwerk waren er und seine Frau zeitlebens bereit, auch Ratenzahlungen zu tätigen, wie das prominente Gemälde „Das Spanische Mädchen“ von Alexej von Jawlensky belegt, das erst nach Ratenzahlungen an den New Yorker Galeristen Leonhard Hutton dem Ehepaar Selinka in Ravensburg gehörte.
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1 / Gisela Hoyer: Bei diesem ‚Verrückten‘ landet kein Meisterwerk im Tresor – er zeigt seine Kunst, in: Leipziger Volkszeitung, 23.12.1994